Montag, Oktober 16, 2006

NPD-Aufmarsch mehrfach blockiert

Nazis machen keinen Stich in Hamburg


2.000-3.000 Hamburger demonstrierten am vergangenen Samstag gegen einen Aufmarsch der neofaschistischen NPD. Die Nazis hatten ursprünglich geplant, durch die Hamburger Innenstadt zu marschieren. Ein breites Bündnis meldete eine Gegendemonstration am Gänsemarkt und eine Kundgebung am Gerhart-Hauptmann-Platz (beide in der Innenstadt) an. Als klar wurde, dass die Gegenaktivitäten großen Zulauf bekommen würden, verbannte die Polizei den Nazi-Aufmarsch wenige Tage vor Beginn aus der Hamburger Innenstadt.


Das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ feierte diese Tatsache als großen Erfolg. Dennoch wertete das Bündnis den Nazi-Aufmarsch als politischen Skandal, weil die Hamburger CDU-Regierung dem faschistischen Treiben in der Stadt kein Ende bereite. „Seien wir aktiv: Sofortige Auflösung aller faschistischen Organisationen!“ forderte daher der Sprecher des Bündnis gegen Rechts, Olaf Harms (DKP) und mahnte: „Wir müssen noch viel mehr werden, wenn wir verhindern wollen, dass in der nächsten Hamburgischen Bürgerschaft die Faschisten Mandate erringen. Lasst uns deshalb ein Klima schaffen, in dem Faschisten kein Bein an den Boden bringen.“. Auf der Auftaktkundgebung sprach zudem der ver.di-Landesvorsitzende Wolfgang Rose (SPD), der darauf hinwies, dass „in Hamburg die meisten Millionäre und die meisten Sozialhilfeempfänger in der Republik leben.“ Diese Ungerechtigkeit entfremde die Menschen von der Politik und mache sie empfänglich für „die Parolen der rechtsradikalen Rattenfänger“. Auch Norman Paech (parteilos), Hamburger Abgeordneter der Linksfraktion, verurteilte die Tolerierung der NPD durch die Behörden.


Die Antifa-Demo marschierte zügig durch die Hamburger Innenstadt und machte die Bürger der Stadt beim Samstagseinkauf auf den braunen Spuk aufmerksam. Die Teilnehmer fuhren dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Arbeiterviertel Wandsbek und Eilbek im Hamburger Osten, wohin der Nazi-Aufmarsch verlegt worden war. Später sperrte die Polizei dort drei U-Bahn-Stationen, um die Bewegungsfreiheit der Antifaschisten einzuschränken, die U-Bahn hielt an den drei Haltestellen nicht mehr. Der gewaltige Polizeieinsatz mit 1.700 Beamten brachte den Straßenverkehr in Wandsbek völlig zum Erliegen.


Dort sollten die Faschisten nach Polizeiplanungen mehrere Kilometer zu Fuß zurücklegen. Die 2.000-3.000 Gegendemonstranten blockierten jedoch die Strecke. Nach dem zwei der insgesamt neun in Wandsbek stationierten Wasserwerfer eingesetzt wurden, entzündeten einige Gegendemonstranten Barrikaden und warfen Flaschen auf die Polizei. Weil die Polizei die Lage nicht unter Kontrolle bekam, verkürzte die polizeiliche Einsatzleitung die Marschroute der NPD um mehrere Kilometer. Die circa 200 Neofaschisten hatten bis dahin lediglich zwei Häuserblöcke umrundet. Wie überall in der BRD sammeln sich auch in Hamburg militante Kameradschaften unter dem Banner der legalen NPD. Neben Thomas Wulff sprach am Samstag der Hamburger Faschist Alexander Hohensee. Zu einer kuriosen Szene kam es, als 20 Skinheads zur NPD-Demo stießen und plötzlich Banner entrollten und skandierten: „Wir sind Skinheads, was seid ihr. Nazis raus!“. Die linken „Red and Anarchist Skinheads“ (RASH) hatten die Polizei damit völlig überrumpelt. Die Neofaschisten erreichten nun wieder den Platz ihrer Auftaktkundgebung und sollten über eine veränderte Route ihren Aufmarsch fortsetzen. Wie schon kurz zuvor an anderer Stelle besetzen auch jetzt Antifaschisten die vorgesehen Demo-Strecke der NPD. Die Polizei setzte erneut Wasserwerfer ein, konnte aber nicht verhindern, dass Antifas immer wieder versuchten, die Straße zu blockieren. Die Faschisten waren nur eine Kreuzung weit vorgerückt, als die Polizei den braunen Aufmarsch zur nächsten S-Bahn-Station evakuieren musste. Hamburgs Antifaschisten hatten die Nazis ein weiteres Mal gestoppt. Insgesamt dreimal war der NPD-Aufmarsch nun verlegt bzw. verkürzt worden. Laut Polizeiangaben wurden am Samstag 28 Personen festgenommen. Wieviele Menschen durch Schlagstock- und Wasserwerfer-Einsatz verletzt wurden ist unbekannt.


Mirko Knoche © 2006